Die GMVK Procurement Group (Essen) rät Geschäftsleitung, CFO und Einkaufsleitern, nicht gegen bestehende Verträge zu verstoßen. Vertragliche Zusagen zu verwehren, sei „kurzsichtig und unprofessionell“. Grund: „Ziel muss es jetzt sein, vor- und nachgelagerte Verbindungen möglichst agil zu halten, um später beim einem Hochfahren der Produktion schneller gemeinsam aus den Startlöchern zu kommen“, so Thomas Mademann, GMVK-Mitgeschäftsführer. Entlassung qualifizierter Mitarbeiter sei keine sinnvolle Option. „Wir beobachten derzeit bei einigen Unternehmen unüberlegte Ad-hoc-Aktionen, die Lieferanten und andere Geschäftspartner kaskadenartig in große Schwierigkeiten bringen. Auch ein Shutdown darf nicht dazu führen, dass Akutmaßnahmen im Unternehmen ausschließlich auf Liquiditätssicherung abzielen“, betont Mademann.

 

„Wer seinen bewährten KMU-Zulieferern ohne ausreichende Kapitaldecke den Saft abdreht, verbaut sich Wettbewerbsvorteile von morgen. Der Einkauf muss jetzt seine selbst postulierte Funktion als Beziehungsmanager unter Beweis stellen“, sagt GMVK-Mitgeschäftsführer Ulrich Rehrmann. Die Unternehmen reagierten derzeit mit Rückstellung von Investitionen, Senkung von Fremdkosten und Reduzierung von Produktionskapazitäten. Das sei verständlich, aber „Cash is king“ dürfe nicht Maß aller Dinge sein. Die Corona-Situation habe gezeigt: „Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Lieferanten wird in Zukunft noch mehr in den Fokus rücken – ebenso wie das Risikomanagement.“ Geschäftsleitung und Finanzabteilung sollten jetzt den Einkauf an den Tisch holen, um die Klaviatur der Maßnahmen zukunftsgerichtet zu erweitern. Dazu gehöre z.B, zugesicherte Mengenabnahmen zeitlich zu strecken oder bestehende Preiszusagen flexibel an zukünftige Nachfragesituationen zu koppeln.

 

Weitere wichtige Maßnahme: Neubewertung des Kostenblocks „Gemeinkosten“

 

Dazu zählen Träger wie Verwaltung, Miete, Zinsen, Abschreibungen (= fixe Gemeinkosten) sowie Wartung, Energie, Wasser, Dienstleistungen und nicht erlöswirksame indirekte Materialien/C-Teile wie Büroartikel, Ersatzteile  (= variable Gemeinkosten). Problem: Weil Gemeinkosten den einzelnen Kostenträgern nicht direkt zugerechnet werden, herrscht vielfach Intransparenz in den Fachabteilungen – und das wiederum befördert mangelndes Kostenbewusstsein der Mitarbeiter. Unterstützende elektronische Tools gibt es längst am Markt, aber sie werden noch nicht oder nur rudimentär ohne Konsequenzen genutzt.

 

Ulrich Rehrmann: „Durch gesteuerte Beeinflussung der Gemeinkosten mit Hilfe einer Business-Intelligence-Lösung lassen sich leicht 15 bis 20 Prozent Einsparungen heben – so gehen Unternehmen mit gestärktem EBIT aus konjunkturell schwierigen Zeiten hervor.“ Die Herstellung über Transparenz bei Artikeldaten, Warengruppen, Lieferantenstrukturen und Prozessen sei dabei wichtigste Aufgabe. Mitarbeiter müssten durch adäquate elektronische Lösungen konsequent von wiederkehrenden, lästigen administrativen Arbeiten entlastet werden, um Zeit für wirklich wertschöpfende Tätigkeiten zu gewinnen. Thomas Mademann: „Antizyklisches Verhalten ist gerade jetzt erforderlich. Disruptive Zeiten erfordern disruptives Denken. Das Kappen von Beratungsprojekten oder Trainingsmaßnahmen gehört jedenfalls nicht dazu.“ Auch in diesen Bereichen seien neue Modelle für zielorientierte Honorierung angezeigt.