In unseren Akquisitionsgesprächen begegnen wir immer wieder der schrägen Situation, dass unsere primären Ansprechpartner, die Einkaufsleiter, einerseits tagtäglich millionenschwere Aufträge unterzeichnen dürfen, andererseits aber bei auch nur einem Beratertag oder einer Dienstleisterstunde die Freigabe ihres Geschäftsführers einholen müssen. Diese Situation trifft dabei durchaus auch auf Einkaufsleiter zu, die Handlungsvollmacht oder gar Prokura haben. Nun könnte man sagen, dumm für Euch, redet doch direkt mit der Geschäftsführung. Für mich ist dieser Sachverhalt aber in erster Linie keine vertriebstaktische Fragestellung. Sie ist für mich deutliches Indiz dafür, dass der Einkauf zwar formal große Verträge abschließen „darf“, aber sonst oft genug nur als Handlungsgehilfe gesehen wird und nicht als Manager externer Wertschöpfung. Hier läuft meines Erachtens etwas grundsätzlich falsch:

 

Schaut man sich die großen Verträge an, die der Einkauf „verhandelt“, dann sind die meisten Parameter schon vor der Verhandlung durch die anderen Fachabteilungen vordefiniert. Dann sind durch Entwicklung, Produktion und Vertrieb bereits so viele Pflöcke eingeschlagen, dass der Einkauf wie Ikarus in Ketten gefangen ist.

 

Wenn in der technischen Spezifikation der eigenen Verkaufsprodukte bereits das Dauerfett eines bestimmten Herstellers verbindlich festgehalten ist, wie und was soll der Einkauf dann mit dem Lieferanten eigentlich verhandeln? Wenn die Technik sagt, ich kann nur mit diesem Pulverlack prozesssicher und farbtreu beschichten, wie kann der Einkauf dann sicherstellen, dass Wertbeitrag und Preis auch gut zusammenpassen? Wenn der Lieferant die Spezifikation für den Einkauf vorgibt, wie lässt sich dann – selbst beim Einkauf von Commodities -Wettbewerb erzielen? Und zu guter Letzt, wenn nur die Leistung von neuen Lieferanten gemessen wird, wie soll man dann schlechte Bestandslieferanten identifizieren können?

 

Kurz und gut lässt sich zusammenfassen, ein Einkauf, der auf die kaufmännische Abwicklung vordefinierter Artikel und Leistungen reduziert wird, der kann doch gar keinen angemessenen Wertbeitrag für das Unternehmen erwirtschaften. Ein solcher Einkauf darf sich folgerichtig auch nicht helfen lassen. Ihm wird gar nicht erst die Relevanz zugestanden, die externe Hilfe nötig machen könnte.

 

Es sind die mutigen, ambitionierten Einkaufsleiter, die sich für externe Hilfe starkmachen, um aus der reaktiven Dienstleister-Position in eine reine gestaltende Rolle zu kommen. Die Erfolge dieses Ansatzes sprechen in aller Regel für sich. Sehr oft lassen sich Einsparungen in gravierender Größenordnung erzielen, Anbieter-Monopole zerschlagen, Make or Buy-Entscheidungen versachlichen und die externe Wertschöpfung optimieren. Man muss es aber auch wollen!