Einkäufer haben es nicht nur in der Hand, ihren Stellenwert im Unternehmen deutlich zu stärken. Sie haben vielmehr die Pflicht, jetzt Maßnahmen zu definieren, die bei unweigerlich kommenden nächsten (wie auch immer gearteten) Krisen greifen können. Die Supply Chain wird sich verändern müssen, will man nicht bei der nächsten Krise wieder in dieselben Fallen tappen.
Bedenken Sie:
Der eine oder andere Lieferant wird nicht mehr am Markt sein, der für Sie vorher als „unverzichtbar“ galt. Und wehe, er gehörte zu dem Kreis der „Partner“, der deshalb so unabkömmlich war, weil er der einzige war, der wusste, was der Kunde benötigt – nach dem Motto: „Bestellt wie beim letzten Mal.“ Wenn es Ihre Position erlaubt, dann beweisen Sie Ihren Partnern (auch den kleinen), dass man sich auf Sie auch in der Krise verlassen kann, wenn die Basis der Zusammenarbeit „Fairness“ und nicht „Abhängigkeit“ heißt.
Beispiel Transporte:
Die Transportpreise sind am Boden. Gut für Einkäufer? Im Prinzip ja – wenn es denn genügend zu transportieren gäbe. Ein großes Problem der Zukunft wird dabei gerne ausgeblendet: Viele Transporteure werden „später“ schlichtweg von der Landkarte verschwunden sein. Zwar war man in diesem Sektor harten Preiskampf gewohnt. Aber genau deshalb hat man jetzt Corona-bedingt nichts mehr zuzusetzen. Die Margen waren schlichtweg viel zu gering in der „guten alten Vergangenheit“. Für Einkäufer bedeutet das aber: weniger Anbieter = Verknappung der Kapazitäten = mehr Marktmacht der Großen = bei weniger Flexibilität auf allen Seiten.
Unser Rat:
Verteilen Sie Aufträge auf mehrere Dienstleister. Erhöhen Sie – schon im eigenen Interesse – die Chancen für KMU-Frachtführer, die Krise zu überstehen. Nutzen Sie am besten Frachtraumbörsen.
Schalten Sie Infrastrukturen und Systeme nicht ab. Betreiben Sie gerade jetzt Beziehungspflege.
Setzen Sie auf externe Dienstleister, die sich „committen“: Der Wert von Support muss sich ehrlich und nachweislich anhand des realisierten Nutzens (be-)rechnen lassen. Verantwortung für ihr Tun haben schließlich beide Seiten. Motto: Gemeinsam aufräumen – praktisch, schnelldrehend und ohne belehrende Theorie.
Es gibt viel anzupacken, was in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist.
Das sollten Sie zudem veranlassen:
- Alternative Lieferquellen, Lieferantenmanagement, Kritikalitätsbetrachtungen, Risikomanagement und Versorgungssicherheit – das sind Schlagworte für Aufgabenstellungen in der Zeit nach Corona.
- Abhängigkeiten von Lieferanten und Dienstleistern, die in der Vergangenheit angeblich unverzichtbar waren, müssen aufgelöst werden.
- Inbesondere bei A-Materialien gilt: nicht „alle Eier in ein Körbchen“.
- Artikel aus indirekten Warengruppen, in denen mit vielen hundert Lieferanten und Dienstleistern zusammengearbeitet wird, sind von ihrer Kritikalität oftmals genauso entscheidend für die Produktion wie ein Zulieferteil.
- Nur wer Transparenz in seine Bedarfe bringt, Stammdaten anreichert und aktualisiert, spezifiziert und klassifiziert, wird zukünftig Warengruppenstrategien entwickeln können, die aus aktuell bestehenden Abhängigkeiten befreien und zukunftssicher machen.
- Transparenz in Artikeldaten, Warengruppen, Mengen und Konditionen lassen sich via geeigneten BI-Lösungen über digitalisierte Prozesse so automatisieren, dass ein entscheidender Teil der wiederkehrenden (und lästigen!) administrativen Prozesse entfällt. Einkaufsabteilungen brauchen endlich Freiräume für wichtige und wertschöpfende strategische Aufgaben.